Kritiken zu Aymineh

Magdeburger Volksstimme, 9. Mai 2000: Wenn Künste zusammen klingen
Kölnische Rundschau, 29. Mai 1999: Zauber des Lesens

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Magdeburger Volksstimme, 9. Mai 2000
Wenn Künste zusammen klingen
Von Liane Bornholdt Magdeburg.
Wie war das mit der Natur des Menschen? Einstmals war er ein starkes, ein doppeltes Wesen. Nachdem er in Mann und Frau getrennt wurde, sucht er unablässig die ihm fehlende Hälfte. So erfahren wir es in den Metamorphosen des Ovid, und es erfährt auch der einsame Leser, der mit schmerzenden Gelenken aus dem Regenguss heimkehrt und in einem alten Koffer geheimnisvolle Texte findet zusammen mit einem samtenen Umhang.
Er beginnt zu lesen und er verwandelt sich in der Szenencollage des Kölner Cassiopeia-Theaters. „Liebe und Verwandlung“ heißt das Stück, das Udo Mierke für eine Reihe „Mit allen Sinnen lesen“ mit Claudia Hann und Gerd J. Pohl als Darsteller inszenierte und das am Sonntagabend im Campus-Theater die Magdeburger Literaturwochen eröffnete.
Es sind die Texte, die den Leser verwandeln, die seine Fantasie auf die Reise schicken, die in diesem Stück zu Bildern, Tänzen, zu Pantomime, Figurenspiel und Gesang werden. Die Verwandlungen der beiden Akteure – feinsinnig und vieldeutig dargestellt – nehmen den Zuschauer mit. Aus der Sagenwelt Ovids entsteht die wilde Jagd des von Amors Pfeil verletzten Phöbus nach Daphne, die sich in den Lorbeerbaum verwandelt, so dass Phöbus statt der Liebe nur den Ruhm ernten kann. Myrrha wird aus Liebe zu ihrem Vater zum Baum, dessen harzene Tränen den Menschen den Duft der Liebe schenken. Verwandlungen geschehen auch in der Wasserwelt der alten Legende vom Wassermann und der Lilofee.
Assoziationen, wie sie beim Lesen entstehen
Es sind keine Interpretationen der Texte, keine dramatischen Szenen, in denen die Legenden gespielt werden, sondern assoziative Bilder, wie sie bei wirklicher Lektüre entstehen. Die Entdeckung der Bilder fällt zusammen mit der Entdeckung der Texte, und damit hat dieses Stück einen denkbar sinnreichen Auftakt zu den Magdeburger Literaturwochen 2000 gegeben.
In denen soll den Zusammenklängen von Literatur und anderen Künsten nachgespürt werden, ein weites Feld freilich, das sich in einigen Veranstaltungen kaum wirklich beackern lässt. Aber immer können besondere Anregungen daraus entstehen. Etwa wenn am kommenden Freitag die Lyrik-Nacht im einewelthaus ab 19 Uhr Volker Braun und Richard Pietraß zusammenführt und Thomas Loefke Harfenmusik spielt. Theatralisch, satirisch-musikalisch wird es auch am Sonntag, 14. Mai, wenn Dieter Rupp aus München in der Zentralbibliothek „Tuchos germanisches Café“ eröffnet. Am Dienstag, 16. Mai wird Carola Stern im Literaturhaus Thiemstraße um 19 Uhr aus ihrem Buch „Männer lieben anders – Helene Weigel und Bertolt Brecht“ lesen und am 19. Mai Heinz Rudolf Kunze um 20 Uhr in der Johanniskirche. Mit einem literarisch-musikalischen Programm mit dem Ensemble Música Letra am 20. Mai um 21.30 Uhr in den Freien Kammerspielen wird der Heiner-Müller-Biograf Jan-Christoph Hauschild Gedichte des Schriftstellers Rahmen lesen. Zuvor ist in den Kammerspielen Lothar Trolles Stück „Die 81 Min. des Fräulein A.“ zu sehen. Informationen und Kartenbestellungen im Literaturhaus unter 0391/4 04 49 95.
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Kölnische Rundschau, 29. Mai 1999
Cassiopeia Theater jetzt in einem festen Haus
Zauber des Lesens
Bücher können ihre Leser fesseln und in eine andere Welt entführen, und nicht selten verändern sie einen Menschen auch. Genau wie die Liebe. Unter dem Motto "Mit allen Sinnen lesen" zeigte die Cassiopeia Bühne in "Liebe und Verwandlung" sowohl das eine als auch das andere. Nach zehn Jahren Tourneetheater und Wanderbühnendasein haben Claudia Hann und Udo Mierke jetzt im Martinsfeld ein eigenes Haus für ihr Figurentheater gefunden. Bis zur offiziellen Eröffnung im Herbst zeigen sie Aufführungen ihrer bekannten Stücke für Kinder und auch diese Inszenierung für Erwachsene.
Ein Mann (Gerd J. Pohl), gediegen und nicht mehr ganz jung, findet in einem Koffer, der zuvor einem alten Herrn gehört hat, einen Umhang aus Samt und eine große Kladde mit getippten Texten. Kaum hat er einen Blick hineingeworfen, stellt er das Telefon ab und ergibt sich dem Zauber seiner Lektüre. Es sind alte Texte, Platon, Ovid, eine Volksballade, die seine Phantasie beflügeln, bis auf der Bühne die Figuren Wirklichkeit werden. Die Szenen erzählen von Sehnsüchten und Zärtlichkeit, aber auch von schmerzhafter Liebe und ihrer verändernden Wirkung auf die Menschen.
Claudia Hann, die die weiblichen Figuren spielt, und Gerd J. Pohl zeigen unter Udo Mierkes Regie eine Mischung aus Lesung, Schauspiel, Figurenspiel, Tanz und Gesang. Der Lesende, der aus seiner Lektüre immer wieder in die Realität zurückfindet, gibt dem Geschehen einen Rahmen. Eine solche Konstruktion wirkt schnell hölzern, doch Gerd J. Pohl setzt der ehrwürdigen Literatur einen ganz handfesten Leser mit humorvollen Zügen entgegen. Erst gegen Ende und daher etwas willkürlich erscheinend, bringt Claudia Hann zwei ihrer Puppenfiguren ins Spiel. Die Ballade vom wilden Wassermann, der die schöne Lilofee freit, wird zum Liebestanz der beiden. Das bezaubernde Figurenspiel zur Musik verleiht auch dieser Inszenierung der Cassiopeia Bühne eine ganz eigene Wirkung und Ausstrahlung.
Sk
Dauer: 1 1/2 Stunden, keine Pause.
Nächster Termin heute 20 Uhr.
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