von Jacek Bochenski
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Erste Inszenierung aus dem Jahr 2000 mit Claudia Hann, Miachela Kametz, Maria Mittler. |
Für Erwachsene und Jugendliche ab 13 Jahren
Dauer: 75 Minuten
Kritiken zur Premiere vom 28. Dezember 2000:
Kölnische
Rundschau
Kölner Stadt-Anzeiger
Kölner Stadtanzeiger, 3. Januar 2001
Cassiopeia
Theater
Liebe und warum sie scheitert
Drama
um drei Frauen: "Tabu" von Jacek Bochenski
Von
Oliver Cech
Wie das Tabu einer Zeit Liebende in seinen Bann schlägt,
ihre Liebe deformiert, zertrümmert und in Furcht verwandelt: Das ist
der Gegenstand von Jacek Bochenskis Seelendrama "Tabu".
Inspiriert von der realen Liebesgeschichte zwischen dem Maler Diego Rivera
und seiner Geliebten Angelina Beloff, zeigt der polnische Dramatiker drei
Frauenfiguren und ihr Scheitern an den Liebesverboten ihrer Epochen.
Dolores
heißen sie alle, genannt "Dolorosa", die Schmerzenreiche.
Auch lieben sie alle einen Diego. Doch ist die erste eine Nonne zur Zeit
der spanischen Inquisition, die zweite eine Schauspielerin in den Wirren
des spanischen Bürgerkriegs, die dritte eine Psychiatrie-Patientin
der Gegenwart.
Unbeeindruckt indes durch allen Wandel bleibt die
Liebe in ihrer Bedingungslosigkeit ein Tabu: Sie gilt als Sünde, später
als politischer Frevel, noch später als Seelenkrankheit. Daher ist
sie zu beichten - den "ehrwürdigen Vätern" der
Inquisition, den Ordnungshütern einer Gesellschaft im Krieg, den
Therapeuten der menschlichen Psyche.
Drei Monologe erzählen
diese Geschichten weiblicher Hingabe, die im Scheitern zur Selbstaufgabe
wird. Doch stehen diese Monologe nicht unverbunden nebeneinander:
Geschickt hat Bochenski ein Netz von Verweisen zwischen die Epochen
gelegt. Sinnfällig werden so die Konstanten dieser Historie der
Liebe. Ihnen nachzugehen verlangt den Zuschauern allerdings einige
Aufmerksamkeit ab.
Doch hat Regisseur Christos Nicopoulos durch äußerste
Sparsam keit der dramaturgischen Mittel auch Raum Für solche
Konzentration auf das Verweissystem der Monologe gelassen. Über weite
Passagen trägt "Tabu" daher den Charakter eines Hörspiels,
das seine Dynamik aus der feinen Sprechkultur der drei Darstellerinnen
Claudia Hann, Michaela Kametz und Maria Mittler bezieht.
So ist dies
Seelendrama kein Theater zum Mitleiden, sondern zum Mitdenken - und als
solches höchst gelungen.
Kölnische Rundschau, 6. Januar 2001
Christos
Nicopoulos inszeniert Bochenskis "Tabu" im Cassiopeia Theater
Die
Leiden von Dolores
Von Nicole Strecker
Ein Name wie
ein Schicksal: Dolores heißen die drei Frauen in Jacek Bochenskis Stück
"Tabu", und sie alle lieben einen Mann namens Diego.
Nacheinander müssen die Frauen nun Beichte ablegen über ihr
Leben, und so wiederholt sich ein zeitloses Muster: Diego und Dolores,
Mann und Frau, die sich lieben und hassen und immer ist ihre Leidenschaft
Sünde, ein Tabubruch.
Da ist die Nonne, die mit Diego aus dem
Kloster geflohen ist und nun vor den "Ehrwürdigen Vätern"
das Geständnis ihrer Untreue ablegen muss. Dann die Schauspielerin,
die im Krieg als Krankenschwester arbeitete, dem Maler Diego Modell und
Muse war, bis er, der Kommunist, Spanien verlassen muss. Sie folgt ihm,
wird verhaftet und erzählt im Gefängnis in Frankreich dem Präfekten
ihre Geschichte. Und schließlich die ältere Frau, die ihrem
Arzt die Ursache ihres gebrochenen Lebenswillens anvertraut: Ihre
unstillbare Sehnsucht nach Diego, dem Mann, der sie verlassen hat -
vielleicht wegen seiner Ehefrau in Frankreich, deren Existenz ihre Liebe
schuldhaft machte.
Das Publikum erlebt diese Beichten als drei
Monologe. Die Gesprächspartner sind unsichtbar, ihre Antworten
erschließen sich aus den Reaktionen der Frauen, tatsächlich
aber herrscht dann verhängnisvolles Schweigen. Regisseur Christos
Nicopoulos lässt in seiner sensiblen, konzentrierten Inszenierung für
das Cassiopeia-Theater die drei Dolores-Darstellerinnen immer wieder nach
oben in einen Scheinwerfer hinein sprechen: So sind diese Männer
furchteinflössende Richter über ihre Leidenschaft, aber auch ein
Lichtstrahl in ihr schmerzverdunkeltes Leben.
"Man starrt ins
Dunkel und lauscht", heißt es im Stück schließlich -
und so beleuchtet Regisseur Nicopoulos meist nur einen winzigen Ausschnitt
auf der Bühne. Die Schauspielerinnen (Claudia Hann, Michaela Kametz
und Maria Mittler) agieren zurückgenommen, vermeiden große
Gesten und sind vor allem durch ihre sehr unterschiedlichen, aber stets
eindringlichen Stimmen präsent. Zwar mag man dem Inhalt des Stückes
- die Frau als das ewige Opfer des Mannes - mit Skepsis begegnen, doch
sehr geschickt verwebt der polnische Autor Bochenski in diesen
Lebensbilanzen Vergangenheit und Gegenwart zu einem Konstrukt, das trotz
des immer gleich verlaufenden Schemas spannend bleibt.
Zwischen
Andeutung und Aufklärung pendeln die Monologe dieser Frauen, die
jedoch letztlich das Rätsel ihres Verlassenseins nicht lösen können.
Einfühlsam gibt Bochenski diesen Frauen aus drei Epochen verschiedene
Sprachen. Er kontrastiert die bilderreich biblisch anmutende Erzählung
der Nonne mit dem lässigen Alltagsjargon der Schauspielerin und löst
schließlich Hilflosigkeit und Zorn der jüngeren Frauen in der
sanften Wehmut der älteren Dolores auf. Vor ihrer Liebe entpuppt sich
jedes Tabu als Hemmnis ohne Berechtigung.
Bild: Als Dolores sehnt
sich Michaela Kametz nach Diego. Foto: Weimer
Dauer: 90 Min., keine
Pause. Nächste Vorstellung: 10. 1., 20 Uhr.
(C)opyright Udo Mierke, 2002